Offener Brief Plauen/Vogtland

Offener Brief Plauen/Vogtland
Warum ist diese Petition wichtig?
Liebe Vogtländer:innen,
die überwiegende Mehrheit der Vogtländer:innen steht zur Demokratie, ist solidarisch und achtet die Würde aller Menschen. Dieser Fakt darf nicht weiter durch eine Minderheit ad absurdum geführt werden, die sich entweder bewusst und gezielt gegen die Demokratie wendet oder Aufrufen rechtsextremistischer Kleinstparteien, wie den Freien Sachsen oder dem III. Weg folgt. Kritik üben ist ein Grundbestandteil der Demokratie und für diese auch wichtig, allerdings sollte sie sich immer an die Grundsätze des Anstandes, der Menschenwürde und des Respektes bewegen. Es ist wichtig, dass sich die Mehrheit der Vogtländer:innen zu Wort meldet und zeigt, dass sie demokratisch und solidarisch ist!
Wie viele persönliche Gespräche und auch offizielle Umfragen (siehe z.B. Politbarometer -
ZDFmediathek oder Bewertung der Corona-
Maßnahmen 2021 | Statista) zeigen, ist die Mehrheit der Bevölkerung auch hier im Vogtland dafür, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Corona-Pandemie einzudämmen. Es ist aus unserer Sicht in der derzeitigen Lage wichtig, weitere Erkrankungen und Todesfälle zu verhindern, die Pflegekräfte in den Krankenhäusern zu entlasten, diejenigen zu schützen, die sich selbst nicht schützen können und diejenigen zu unterstützen, die von den Maßnahmen betroffen sind.
Deshalb geht es uns ähnlich wie den Bürger:innen von Freiberg/Sachsen, die sich in einem offenen Brief dagegen wehren, dass ihre Stadt allwöchentlich Schauplatz von sog. Corona- Spaziergängen ist. Wir wollen zeigen, dass diese Spaziergänger:innen eine Minderheit sind! Auch wir hinterfragen, ob alle festgelegten Bestimmungen im Zuge der Corona-Pandemie immer richtig sind, aber wir führen diese Diskussionen offen, faktenbasiert und mit Rücksicht auf andere und – dieser Punkt ist uns besonders wichtig – wir folgen nicht den Aufrufen rechtsradikaler und demokratiefeindlicher Parteien.
Von Plauen gingen einmal maßgebliche Impulse zur Friedlichen Revolution in der ehemaligen DDR 1989 aus. Menschen demonstrierten friedlich für Freiheit, Demokratie und ein wieder vereintes Deutschland. Mehrere Gedenktafeln, sowie das im Oktober 2010 errichtete Wendedenkmal erinnern an den Mut der Plauener Bevölkerung.
Querdenker:innen und Coronaleugner:innen sehen sich in der Tradition dieser Friedlichen Revolution und sie scheuen sich nicht, zusammen mit demokratiefeindlichen Parteien und Gruppierungen wie III. Weg, Freie Sachsen, AFD und Verschwörungsideologen diese für ihre Zwecke zu missbrauchen.
Die Geschichte so zu verdrehen , von einer Diktatur zu sprechen und dies für die eigenen politischen Zwecke auszunutzen, ist ein Schlag ins Gesicht der vielen Opfer des DDR-Regimes und verharmlost gleichzeitig wirkliche Diktaturen.
Es ist zudem erstaunlich, ärgerlich und nicht hinnehmbar, dass die als "Spaziergänge" deklarierten Versammlungen der Querdenker:innen und Corona-Leugner:innen ohne Anmeldung und ohne verantwortlichen Versammlungsleiter:in und somit illegal stattfinden können. Die Teilnehmenden an diesen Demonstrationen ignorieren konsequent und demonstrativ die derzeitig geltenden Auflagen für ALLE Versammlungen, wie die Beschränkung auf 10 Personen, Abstand halten und das Tragen von Mundschutz. In Zeiten einer grassierenden Pandemie ist dieses Verhalten eine Zumutung für die vielen Bürger:innen, die sich an die Bestimmungen halten, und eine Respektlosigkeit gegen den demokratischen Rechtsstaat.
Wir appellieren daher an alle "Spaziergänger:innen", sich bei den allwöchentlichen Versammlungen an Regeln und Auflagen zu halten oder die Versammlungen nicht zu unterstützen, die offensichtlich hauptsächlich als Provokation gedacht sind. Sie treiben damit die Pandemie voran, die doch eigentlich nur mit vereinten Kräften beendet werden kann. Von der Polizei und den Ordnungskräften erwarten wir, dass sie illegale Versammlungen auflösen und die offensichtlichen Regelverstöße – wie auch bei anderen Versammlungen – unterbinden und ahnden.
Diesem völlig neuartigen und gefährlichen Coronavirus kann man nicht mit Ignoranz oder Verschwörungserzählungen beikommen. Dazu braucht es Vernunft, wissenschaftliche Erkenntnisse und Aufklärung. Viele Wissenschaftler:innen suchen nach einer Antwort darauf, warum schon wieder eine gigantische Infektionswelle die Republik und vor allem Sachsen heimsucht. Wir müssen einsehen, dass die derzeitige Dynamik der Pandemie nur durch den gerade verhängten Teil-Lockdown gebremst werden kann. Mittelfristig müssen wir wohl eine höhere Impfquote erreichen, sonst wird die Coronakrise zum Dauerzustand. Wie verheerend das ist, kann jeder, der sich informiert und sich nicht den Tatsachen verschließt, an der Überlastung unseres Gesundheitssystems erkennen. Die inständigen Appelle und verzweifelten Bitten von Ärzten:innen und Pflegekräften der Intensivstationen, die am Ende ihrer Kräfte sind und bald oder jetzt schon den Albtraum „Triage“ ertragen müssen, sollte niemanden kalt lassen und dazu führen, die eigene ablehnende Haltung gegenüber den von den meisten, seit Jahren zu diesen Themen forschenden Wissenschaftler:innen empfohlenen Maßnahmen zur Eindämmung dieser Pandemie aufzugeben.
An dieser Stelle möchten wir unseren aufrichtigen – wenn auch zurzeit ohnmächtigen - Dank an alle Ärzt:innen, Pflegekräfte, Sanitäter:innen und Beschäftigte im Gesundheitswesen ausdrücken! Ebenso aufrichtig möchten wir uns bei allen Lehrer:innen, Erzieher:innen und Beschäftigten im pädagogischen Bereich bedanken. Diese Menschen leisten Unglaubliches! Deshalb ist es wichtig, dass sich alle solidarisch zeigen und ihren Beitrag zur Entlastung leisten. „Spaziergänge“ ohne Abstand und Mundschutz gefährden die Gesundheit Vieler und das Gesundheitssystem!
Wir verurteilen ausdrücklich den Hass und die Hetze, die in den „Diskussionen“ zum Thema Corona, Pandemiebestimmungen und deren Regeln auf diversen Kanälen im Netz verbreitet werden. Es ist nicht hinzunehmen, dass auf solchen Plattformen falsche Behauptungen, Beschimpfungen und Mordaufrufe gegen unsere demokratisch gewählten Vertreter:innen, Journalist:innen, Ärzt:innen, Virolog:innen und Menschen, die eine andere Meinung vertreten, veröffentlicht werden.
Auf Worte folgen oft Taten! Wir sind empört und entsetzt über den Fackelaufmarsch einer Gruppe von Querdenker:innen zum Haus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping. Das ist keine freie Meinungsäußerung, sondern eine Straftat.
Unser Dank gilt an dieser Stelle auch den Bürger:innen von Freiberg für ihren Mut zu einer klaren Haltung und sichern hiermit unsere volle Zustimmung zu ihrem offenen Brief sowie unsere Solidarität zu.
Entscheidungsträger*innen
- Bürger Bündnis für Demokratie, Toleranz und Zivielcorage