Prora: Stopp des Ausverkaufs der Geschichte – Prora braucht Kultur!

Prora: Stopp des Ausverkaufs der Geschichte – Prora braucht Kultur!
Warum ist diese Petition wichtig?
Geplantes KdF-Bad /DDR-Großkaserne – Stopp des Ausverkaufs der Geschichte – Prora braucht Kultur!
Herr Landrat Ralph Drescher, Herr Ministerpräsident Erwin Sellering, Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel: Erhalten Sie die einmalige Historizität des letzten Gebäuderiegels von Prora (Block V)!
An einem der schönsten Strände im Osten der Insel Rügen erhebt sich der Koloss von Prora. Ursprünglich von den Nationalsozialisten als Seebad geplant, ließ die Rote Armee die Rohbauten teilweise zerstören und ab 1949 fünf Blöcke zur größten Militärkaserne der DDR ausbauen. Zwischen 1949 und 1989 war der geheime Ort hermetisch abgeriegelt und auch auf keiner Landkarte verzeichnet. Nach 1990 öffneten sich die Tore. Künstler und Kreative eroberten das frei zugängliche Naturparadies. l
Seit wenigen Jahren drehen sich die Baukräne abermals. Inzwischen werden vier der erhalten gebliebenen Blöcke mit Luxuswohnungen und Hotels überbaut. Die Beseitigung einmaliger Geschichtsspuren sowie die Zerstörung der Umwelt werden hingenommen. Privatwege und -strände drohen den Koloss weiten Teilen der Bevölkerung zu entziehen.
In Prora-Ost folgte dem Kahlschlag in der Natur die Einzäunung erster Dünenareale. Die DDR-Geschichte wird verschwiegen, einstige KdF-Planungsspiele werden allenfalls marketingstrategisch eingesetzt.
Einzig Block V blieb bislang in öffentlicher Hand. Das authentische graue Ruinenantlitz blieb erhalten. Drei der elf Lichthöfe berherbergen seit 2011 die Jugendherberge Prora, die restlichen Abschnitte stehen leer. Die Auseinandersetzung mit der Geschichte beginnt gerade erst; im Nachgang wurden etliche Relikte der DDR-Geschichte sowie das Antlitz als denkmalwürdig erachtet. [1] Doch auch dieser Block mit freiem Zugang zum Strand soll nun in einem Hauruck-Verfahren privaten Seebad-Interessen geopfert werden. Diese Form der „Aufwertung“ ist nicht hinnehmbar!
Bitte unterstützen Sie diese Petition mit Ihrer Unterschrift. Den Forderungskatalog finden Sie am Ende des Textes.
Hintergrund: Wie kein anderer Block steht dieser Abschnitt für die deutsch-deutsche Geschichte. Von hier aus nahm die heimliche Aufrüstung in der Geschichte des Kalten Krieges ihren Lauf. Soldaten rückten zur Niederschlagung des Volksaufstandes sowie zum Mauerbau nach Berlin ab. In den 1980er Jahren entwickelte sich Block V zur „Brutstätte oppositioneller Gedanken“. Waffenverweigerer der größten Einheit für sog. Bausoldaten der DDR deckten hier erstmals den Wahlbetrug bei einer Kommunalwahl (1984) auf. Generell galten die Bausoldaten als „feindlich-negative“ Kräfte; Schikanen bestimmten ihren Alltag. [2] Andererseits stehen die Spuren in diesem Block für die Wegbereitung der Friedlichen Revolution und nicht zuletzt auch für die Nischen der DDR-Gesellschaft. In jüngerer Vergangenheit wurde der Platz zu einem freien Festival- und Begegnungsort für Jugendliche vieler Nationen.
2010 bekannte sich das Land Mecklenburg-Vorpommern nach jahrelanger Überzeugungsarbeit durch Denk-MAL-Prora (eine Initiative ehemaliger Bausoldaten und Sympathisanten www.denk-mal-prora.de) zu einem Bildungszentrum neben der Jugendherberge mit Berücksichtigung der NS- sowie auch der DDR-Geschichte in erhaltenswerten Fluren und Zimmern, darunter ein authentischer Gemeinschaftsraum mit historischer Wandmalerei. Das ist Geschichte zum Anfassen! [3] Dem ungeachtet hat der Landkreis Vorpommern Rügen am 2. Mai 2016 den Verkauf mehrheitlich beschlossen. Damit droht sich an Block V zu wiederholen, was in weiten Teilen der Anlage bereits besiegelt ist.
Block V muss ein frei zugänglicher Ort und ein Ort der Kreativen bleiben: Bei einem Festival 2003 sprachen sich angeblich mehr als 15.000 Jugendliche für eine Jugendherberge aus. Daraufhin ging der Block für den symbolischen Euro vom Bund an den damaligen Altkreis Rügen, der mit Bund, Land und Mitteln der EU die Jugendherberge Prora (2011) errichtete – allerdings in einer um die Hälfte verkleinerten Dimension und ohne das vorgeblich geplante Bildungszentrum. Drei der sich anschließenden Lichthöfe gehörten jedoch zum ursprünglichen Konzept des Jugendzentrums. Somit blieben wesentliche Impulse schon damals zugunsten einer Luxussanierung der Herberge auf der Strecke. Damit gab der Jugendherbergsbau – gefeiert als das Initial für die Wiederbelebung Proras – die fatal einseitige Entwicklung des Ortes vor. Geradezu obszön wäre es, wenn diese drei Höfe am Ende nun ebenfalls gewinnbringend verkauft und unter Ausverkauf der Geschichte reinem Gewinnstreben unterworfen würden.
Endgültig verloren ginge der Charakter des Mahnmals zweier Diktaturen. Verloren wäre die letzte Chance, politische Fehler in der Beurteilung dieser symbolträchtigen Anlage geradezurücken. Der Geschichtsfälschung infolge der anhaltenden einseitigen Bewertung des heutigen Ortes als „ehemaliges KdF-Bad“, die Leugung hunderttausender DDR- und Nachwende-Biografien zugunsten des Kapitals, wäre eine der Folgen. Die mögliche Abriegelung des Strandes und größere Privatzonen wären andere.
Die mit Steuermitteln geförderte Wiederherstellung des „schönen Scheins des Nationalsozialismus“ unter Missachtung der tatsächlichen Geschichte zugunsten kapitalkräftiger Minderheiten verkehrt die Aufgabe des Denkmalschutzes in sein Gegenteil. Und dies im Wahlkreis der Bundeskanzlerin, die die bisherige Entwicklung mitzuverantworten hat! Frau Merkel und Herr Drescher verhökern sie nicht unsere Geschichte!
Wir fordern:
1. – Die Ausgliederung des mittleren Abschnittes des Blockes V (drei Lichthöfe) aus den Kommerzialisierungsabsichten des Landkreises und Verkauf für einen symbolischen Euro an (in der Pflicht stehend) Bund oder Land oder aber in geeignete private Hand, und zwar in transparentem Verfahren, sowie die Umsetzung des Bildungszentrums zu den Diktaturen des 20. Jahrhunderts unter Berücksichtigung bislang bewahrter baulicher Spuren als Lernort zur Geschichte. Die Etage mit dem geschützten Gemeinschaftsraum ist als ehemaliger Kasernenflur (mit einem Unterkunftsraum zur Ansicht) sowie dem dazugehörigen Waschraum und den Bekeidungskammern zu rekonstruieren, um wenigstens an einer Stelle in Prora die reale Geschichte des Gebäudes transparent zu machen. Die ausgewogene Darstellung (geplantes KdF-Bad/Großkaserne) ist zu garantieren.
2. – die Schaffung der Voraussetzung für eine finanziell sich selbst tragende Kultur- und Kunstmeile, die sich an das Bildungszentrum anschließt und das historisch gewachsene bauliche Antlitz bewahrt, mit buntem Leben füllt und Festivals weiterhin ermöglicht,
3. – die Gewährung der Partizipation am Gestaltungsprozess für all jene, die sich an dieser Stelle konstruktiv einbringen und engagieren wollen.
Prora muss ein Ort zur Auseinandersetzung mit der persönlichen Freiheit und Demokratie bleiben! Prora muss ein Ort der Vielfalt sein! Rügen braucht attraktive Plätze für die Jugend!
[1] Stefan Wolter: Prora – Inmitten der Geschichte, Bd. 1 und 2, 2015.
[2] Ebd. und Prora-Zentrum (Hg.): Waffenverweigerer in Uniform, 2011. Speziell zum südlichen Teil des Blocks, der verkauft werden soll: http://www.denk-mal-prora.de/GeschichteProra-BlockV.pdf
[3] Zur Geschichte des Wandgemäldes: Stefan Wolter: Das geht nicht! Eine Wandmalerei als Symbol des Widersetzens, in: Prora-Zentrum (Hg.): Waffenverweigerer in Uniform, 2011, S. 49-65: http://www.denk-mal-prora.de/Waffenverweigerer_in_Uniform1.pdf
Petition geschlossen.
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Entscheidungsträger*innen
- Angela MerkelChancellor of Germany
- Angela MerkelBundeskanzlerin
- Angela Merkel (CDU)Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland
- Manuela Schwesigdesignierte Ministerpräsidentin
- Ralf DrescherLandrat