Auftreten Statt Austreten - Warum sich die Kirche ändern muss damit sie bleibt

Auftreten Statt Austreten - Warum sich die Kirche ändern muss damit sie bleibt
Die Zeit ist reif!
Ein offener Brief
Immer mehr Menschen verlassen wütend und enttäuscht die katholische Kirche. Auch viele gläubige Christ*innen. Für den größten Teil junger Menschen hat Kirche längst keine Bedeutung mehr. Sie ist ihnen egal, total unattraktiv – weil die Kirche nicht bei den Menschen ist und sich oft nur um sich selbst kümmert. Dazu kommen all die Skandale und Themen, die viele kaum noch nachvollziehen können: MISSBRAUCH, ÜBERKOMMENE SEXUALMORAL UND ZÖLIBAT, DASS FRAUEN KEINE PRIESTERINNEN WERDEN DÜRFEN, ODER DASS ES KEIN GEMEINSAMES ABENDMAHL FÜR CHRIST*INNEN VERSCHIEDENER KONFESSIONEN GIBT –, um nur einige Punkte zu nennen.
Dass Frauen nun offiziell zum Dienst der Lektorin im Gottesdienst zugelassen sind, wird uns als Reform verkauft. Da könnte man denken: Wollt ihr uns verarschen?
Die meisten Menschen verstehen nicht, wieso in einer Zeit, in der Kirche so viel Gutes tun könnte, immer noch an lange überkommenen Formen festgehalten wird. Längst ist klar, dass der bisherige Weg eine Sackgasse ist.
Jahrzehntelang sind unter dem Dach unserer Kirche die schrecklichsten Dinge passiert.
Ich bin einfach nur sauer und wütend, dass viele Verantwortliche immer noch schweigen oder um den heißen Brei herumreden, statt zu sagen, was Sache ist. Oder dass in Köln die Fakten nicht auf den Tisch kommen und wochenlang abgewartet wird, bis ein neues Gutachten vorliegt. Und zwischenzeitlich verlassen wieder Tausende und Abertausende von Menschen (zu Recht!) die Kirche.
Die Zeit ist reif, um alles ans Licht zu bringen, was in Kirchen, Kathedralen, den Amtsstuben der Bischofsverwaltungen oder im Vatikan verborgen ist und für totalen Mief sorgt. Abwarten, Aushalten oder Aussitzen ist keine Option mehr!
Wir können doch nicht einfach so weitermachen wie bisher und dabei so tun, als sei alles in Ordnung. Wer schweigt stimmt zu!
Die Täter, die jahrzehntelang Missbrauch in der Kirche betrieben, gedeckt oder vertuscht haben, müssen sofort zur Rechenschaft gezogen werden. Nur dann nimmt die Kirche endlich die Opfer ernst, nur dann können Verletzungen (vielleicht) heilen.
Was würde Jesus zu all dem sagen, was wir in seinem Namen tun oder lassen – zu der ganzen Hierarchie, dem Machtgehabe, diesem seltsamen Klerikalismus, dem ganzen Prunk – Mitra, Brustkreuz und Bischofsstab und und und ...? Dass wir überhaupt noch diskutieren müssen, ob wiederverheiratet Geschiedene zur Kommunion gehen dürfen?! Dass wir nach über 500 Jahren Trennung immer noch nicht gemeinsam Abendmahl feiern.
Jesus war vor allem ein Liebender. Er hat sich nicht einfach mit Gegebenheiten zurechtgefunden, wenn sie keinen Sinn ergaben. Er musste nicht Tausende von Seiten mit theologischen Fachbegriffen und Erklärungen durchforsten, um zu erkennen was zu tun und zu verändern ist.
Kirchengeschichte und Lehramt hin oder her – wir müssen uns komplett neu aufstellen und endlich zurück zu unseren Wurzeln kommen.
Von Jesus, dem Nazarener, können wir lernen, worauf es wirklich ankommt: Barmherzigkeit, Frieden, grenzenlose Liebe. Und eben nicht fromm-kaschierte Abgrenzung, Hass und Gewalt im Namen des Glaubens.
Ich träume von einer Kirche die nicht versucht, die Menschen durch prunkvolle Gottesdienste und Bischöfliche Palais, Geld und Macht zu beeindrucken, sondern durch Fantasie. Eine Gemeinschaft die von sich reden macht, weil sie den Menschen mit Achtung, Respekt und mit Liebe begegnet.
Auftreten statt austreten muss die Devise sein, damit unsere Kirche nicht eines Tages komplett ohne Mannschaft danieder liegt oder sich nur noch mit Jasagern abgibt.
Lasst uns gemeinsam die Stimme erheben und sagen, was ist! Lasst uns laut sein.
Ich will nicht länger in einem Verein von Spaßbremsen unterwegs sein.
Leidenschaftlich zu leben, bedeutet zu lieben, zu genießen, das Dasein mit all seiner Schönheit in sich aufzusaugen. Neugierig und aufgeschlossen zu sein, auch gegenüber Andersdenkenden. Und durchaus auch einmal Fehler zu machen und die Erkenntnis in sich zu tragen, dass wir Christ*innen/Katholik*nnen nicht besser sind als jeder andere Mensch auf unserem Planeten. Nehmen wir uns nicht so wichtig!
Wir hätten viel erreicht, wenn uns die Menschen nach dem Grund unserer Hoffnung fragen würden – und nicht warum wir diesem Verein „Kirche“ überhaupt noch angehören.
Die Zeit ist mehr als reif, um zu handeln!
Ich werde nicht länger zuschauen, wie unsere Kirche vor die Hunde geht. Und ich werde mir das Wort nicht verbieten lassen.
Wenn es mit der Kirche so weitergeht, wie in den letzten Jahren, wird es vermutlich erneut zu einer Spaltung kommen. Denn es gibt viele, die nicht mehr so weitermachen können oder wollen, wie bisher. Wollen wir eine Spaltung in Kauf nehmen?
All das ist längst bekannt. Aber es tut sich einfach nichts! Und die Kirche verkommt immer mehr in der Bedeutungslosigkeit. Darum schreibe ich diesen offenen Brief und fordere alle, die sich nach einer erneuerten Kirche sehnen, auf, diese Gedanken zu teilen und sich an der Online-Petition "Auftreten Statt Austreten" zu beteiligen. Damit sich endlich was bewegt! Es braucht einen Neuanfang! Jetzt!
Mein Appell an die Verantwortlichen in den Kirchenleitungen: Nehmt uns endlich ernst, sonst verliert ihr die Basis. Der Felsen, auf dem die Kirche gegründet wurde, hat längst Risse bekommen!
München, den 18. Februar 2021
Stephan Maria Alof