Bürgerversicherung, Minirenten, Luxuspension, Solidarität

Bürgerversicherung, Minirenten, Luxuspension, Solidarität

Immer mehr Menschen in Deutschland sind von Altersarmut betroffen. Die Höhe der Renten ist im Vergleich zu den Pensionen beschämend gering, die Grundrente millionenfach unangemessen.
Die Politiker der Vergangenheit haben für sich selbst und für ihre öffentlichen und verbeamteten Ausführungsorgane sehr gute Bedingungen für einen angemessenen Lebensabend geschaffen. Die durchschnittlichen Pensionen sind etwa dreimal so hoch wie die gesetzlichen Renten und werden nach Höhe der letzten Gehälter berechnet und aus Steuermitteln gezahlt, ohne vorher nennenswerte Beiträge abgeführt zu haben. Renten müssen hingegen durch Beiträge in die Rentenversicherung erkauft werden und sind in der Höhe durch Beitragsbemessungsgrenzen beschränkt. Es gibt also zwei sehr unterschiedliche Systeme für die Altersversorgung. Während die Pensionen vielfach einen sehr luxuriösen Lebensabend ermöglichen, müssen viele Millionen Rentner*Innen zusätzliche soziale Leistungen beantragen um einigermaßen über die Runden zu kommen.
Die Beschäftigung in der freien Wirtschaft erfordert millionenfach ein Lohnniveau aus dem heraus nach den gängigen Rentenberechnungen ein würdevoller Lebensabend nicht möglich ist. Etwa 20% der Beschäftigten in Deutschland müssen zu derart geringem Lohn arbeiten, dass später zwangsläufig nur Kleinrenten ausgezahlt werden. Die können dann zwar mit sozialen Mitteln aufgestockt werden um wenigstens die Grundbedürfnisse abzudecken, den Gang zum Sozialamt empfinden viele Menschen aber als beschämende Entwürdigung, Erniedrigung und Missachtung ihrer Lebensleistung. Eine Teilhabe an den Errungenschaften unserer Zivilisation ist mit einer Grundsicherung auf Sozialhilfeniveau nur äußerst eingeschränkt möglich. Eine Grundrente auf Sozialhilfeniveau ist auch keine angemessene Honorierung für 40-jährige Berufstätigkeit, auch wenn nur geringe Einzahlungen in die Rentenkasse möglich waren. Niedriglöhne mögen in unserem Wirtschaftssystem notwendig sein, die Menschen die sie in Anspruch nehmen müssen, haben aber weder die Tarifbindung abgeschafft, noch wäre es in vielen strukturschwachen Regionen überhaupt möglich, besser zu verdienen.
Die Altersversorgung der hohen Beamten und Politiker kennt hingegen eine derartige grundgesetzwidrige Entwürdigung der Lebensleistung nicht. Im Verhältnis zu den Renten ermöglichen Pensionen generell einen auskömmlichen bis hin zu einem sehr luxuriösen Lebensabend aus Steuermitteln. Ob die Möglichkeit der Anhäufung von Millionenvermögen aus Luxuspensionen zu Lasten der Allgemeinheit moralisch unbedenklich ist, mögen Alle selbst beurteilen. In diesem Zusammenhang exorbitanter Besserstellung darf man aber die Politik durchaus an Artikel 14 des Grundgesetzes und an den Amtseid erinnern.
Wenn die durch anachronistische Gesetze entstandene Altersversorgung der hohen Beamten und Politiker als angemessen und fair zu betrachten ist, nenne ich die im Vergleich sehr geringe Altersversorgung durch gesetzliche Minirenten unangemessen und unfair.
Jeder einigermaßen gebildete Mensch kann sich ausrechnen dass auch eine Anhebung der Mindestlöhne das krasse Missverhältnis zwischen Renten und Pensionen nicht ansatzweise angleichen kann. Für eine einigermaßen auskömmliche Rente wären Stundenlöhne deutlich über 20 Euro Bedingung. Dabei ist eine Homogenität des Wohlstands der Bevölkerung grundgesetzlich verankertes Ziel (GG Art.28). Wenn es gesellschaftlich notwendig ist dass Menschen zu Niedriglöhnen schaffen müssen, sollte man diese Tätigkeiten wenigstens als durchschnittliche Leistung ansehen. Die Pandemie zeigt uns gerade wie wichtig ausgerechnet viele der am schlechtesten bezahlten Berufstätigkeiten sind. Oft sind gerade die härtesten, schmutzigsten und gefährlichsten Jobs in der freien Wirtschaft die mit der geringsten Entlohnung und Wertschätzung. Für das Funktionieren des Staates sind sie aber ebenso wichtig und unverzichtbar wie hochangesehene Jobs im Öffentlichen Dienst oder in der Wirtschaft.
Auch das Kinderkriegen und -erziehen, also die Leistung der Familien als wichtigste Säule einer Staatsgemeinschaft, wird trotz mehrmaligen Ermahnungen der Verfassungsgerichte noch völlig unzureichend bei der Berechnung der Renten berücksichtigt.
Obwohl die Probleme des deutschen Rentenversicherungssystems seit Jahrzehnten bekannt sind hat bisher keine Regierung den Mut aufgebracht eine echte Rentenreform anzugehen. Die bestehende Zweiklassengesellschaft durch Über- und Unterversorgung im Alter hat in einer echten Demokratie keinen Platz. Die Befürchtung der Eliten ihre Überversorgung könnte geschmälert werden ließ jedoch bisher jeden Ansatz im Keim ersticken. Wer schneidet sich schon gern ins eigene Fleisch.
Das kleinmütige Alibi-Rumdoktern und einige lieblose Flickschustereien am Rentensystem haben zwar geringfügige Verbesserungen gebracht, aber insgesamt gesehen ist die Kluft zwischen den durchschnittlich sehr geringen Renten und den durchschnittlich etwa drei mal so hohen Pensionen nicht verringert, sondern in den letzten Dekaden permanent vergrößert worden. Ebenso ist allgemein bekannt dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer wurden. Solche Entwicklungen sind das Gegenteil von human und sie gefährden unsere Demokratie. Das Abtriften immer mehr Bürger*Innen zu extremistisch-radikalen Randgruppen begründet sich sehr oft auf die krass unterschiedlichen Lebensverhältnisse in unserem Land.
Die Finanzierung eines zukunftsweisenden Sozialsystems (Bürgerversicherung) ließe sich ganz sicher lösen wenn sämtliche Einkommen ausnahmslos und gleichermaßen und in voller Höhe herangezogen würden. Beitragsbemessungsgrenzen wären abzuschaffen und auch Politiker, Beamte, Selbständige, Freiberufler, Einkünfte aus Vermögen, usw., an der Finanzierung zu beteiligen. Einen anständigen Grundbetrag von etwa 1500 Euro sollten alle Ruheständler*Innen einheitlich erhalten. Darüber hinausgehende Ansprüche können Besserverdienende selbst organisieren, zumal diese auch sehr oft über zusätzliche Alterseinkünfte aus Betriebsrenten, Immobilien, usw. verfügen.
In unseren Nachbarstaaten ist Altersarmut weitestgehend unbekannt, Deutschland hinkt in Sachen gerechter Altersversorgung der Arbeiter und Angestellten deutlich hinterher. Das wirtschaftliche Vorbild Europas sollte auch Vorbild im Sinne auskömmlicher und anständiger Altersversorgung sein und dabei dem Solidaritätsprinzip mehr Beachtung schenken..
Ich fordere die neue Bundesregierung auf, die oft ins Gespräch gebrachte Bürgerversicherung endlich einzuleiten.
Diese ist so zu gestalten das auch der Lebensabend aller Rentnerinnen und Rentner nach einem langjährigen und arbeitsreichem Leben entsprechend des Artikel 1 des Grundgesetzes und nach dem durchschnittlichem Wohlstand der Gesellschaft gestaltet werden kann. Das ist der Staat den Menschen schuldig, auch wenn sie nur wenig Lohn für ihre Arbeit erhalten haben. Es ist hochgradig unsozial wenn Menschen nach einem langen Arbeitsleben den Gang zum Sozialamt antreten müssen oder eine Grundsicherung nur auf Sozialhilfeniveau erhalten.
Ich verweise zur Überprüfung meiner Aussagen neben dem Grundgesetz auch:
Auf den 6. Armuts- und Reichtumsbericht des Ministeriums für Arbeit und Soziales.
Auf den aktuellen Rentenversicherungsbericht der Deutschen Rentenversicherung.
Auf die gesetzlichen Regelungen der Beamtenbesoldung und -versorgung.
Auf die relevanten Dokumentationen des Statistischen Bundesamtes.
Alle höchstamtlich festgestellten Fakten sollten der Bundesregierung bekannt sein und müssten eigentlich im Sinne von mehr Gerechtigkeit und als Folge des politischen Amtseids und grundgesetzlicher Vorgaben zu einer deutlichen Steigerung der Grundversorgung der Rentnerinnen und Rentner in Deutschland führen.